Donnerstag, 19. Juli 2012

Liberia Calling

Liebe langjährige Leser,
aus "Tilmans Ghana Blog" wird "Tilmans Westafrika Blog"! Aber der Reihe nach: Vor zwei Jahren war ich in Ghana und habe da viele tolle Erfahrungen gemacht, neue Freunde kennen gelernt aber auch gesehen was es bedeutet, in einem Flüchtlingslager zu leben (s.u.). Unser sinnvollstes Projekt waren wohl die Lehrerfortbildungen bei denen wir über 100 Lehrer in Mathe, Physik, Lesson Planning und School Management fortbilden konnten. Das waren zwar nur 3-Tages-Fortbildungen bei denen man nicht das ganze nötige Wissen wiederholen bzw. auffrischen kann, aber für ganz viele war es eine wichtige Motivation zu sehen, dass jemand ihren Beruf wertschätzt und ihnen deutlich macht, wie elementar Bildung für eine aufgeklärte, selbstbestimmte Gesellschaft ist.
Die meisten Projekte habe ich zusammen mit Wilfred gemacht, der selbst ein liberianischer Flüchtling ist, in Accra studiert und für die Population Caring Organization gearbeitet hat. Wilfred wurde im liberianischen Bürgerkrieg von seiner Familie getrennt und hatte seit knapp 20 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihnen. Als Wilfred die glückliche Nachricht bekommen hat, dass einige von seinen Geschwistern in Liberia leben und dass es ihnen gut geht, wollte er wieder zurück in sein Heimatland. Das Flüchtlingslager Buduburam wird sowieso z.Z. wieder aufgelöst, weshalb Wilfred dann wieder nach Liberia gegangen ist.
Aber kaum war Wilfred zurück in Liberia, wollte er seinen Landsleuten helfen und hat gleich mal ein Konzept für eine neue Hilfsorganisation („Helping Hands Network“ - 2H Net) aufgestellt. Das 2H Net soll ein klassisches Hilfe-zur-Selbsthilfe-Netzwerk mit dem Schwerpunkt auf Bildung sein, nur leider müssen Hilfsorganisationen in Liberia offiziell angemeldet sein, was neben einem großen bürokratischen Aufwand auch recht viel Geld kostet. Ich fande das Konzept des 2H Net aber so überzeugend, dass ich Wilfred dabei helfen will. Hilfe zur Selbsthilfe ist viel nachhaltiger und emanzipativer als das Spenden von Geld und schafft keine einseitigen Abhängigkeiten (ich klinge schon wie Dirk Niebel...). Außerdem ist es viel sinnvoller, wenn man lokale NGOs unterstützt, da diese genau wissen, was ihre Leute brauchen und nicht wie die UNHCR eine Feuerwehrwache in ein Flüchtlingslager ohne ausgebildete Feuerwehrleute baut und sich die Leute nebendran den Arztbesuch nicht leisten können...
Ein zentraler Punkt des 2H Net ist die Aus- und Weiterbildung von Lehrern und genau da komme ich ins Spiel. Wie die meisten von euch wissen, macht es mir unglaublich viel Spaß, Wissen zu vermitteln und ich denke auch, dass Bildung der erste wichtige Schritt hin zu einer „besseren Welt“ ist. Die Evaluation des Physik-B-Tutoriums hat mir auch wieder mal mehr gezeigt, dass ich das wohl auch ziemlich gut kann.
Als konsequenter Konsumverweigerer konsumiert man bekanntlich ja auch nicht so viel und es bleibt jede Menge Geld für sinnvolle Dinge übrig: Deshalb werde ich in den ersten beiden Oktoberwochen nach Liberia fliegen und zusammen mit Wilfred und den lokalen Hilfsorganisationen Lehrerfortbildungen durchführen. In den nächsten Wochen könnt ihr hier also lesen, wieso ich Lehrerfortbildungen für sinnvoll halte, warum der Satz des Pythagoras die Welt verbessert und was es für ein Land bedeutet, das zweitärmste Land der Welt zu sein...
So lange werde ich noch paar Klausuren und Seminare rocken, Visum beantragen, mich gegen Masern und Pest impfen lassen oder einfach den Sommer genießen.