Ich kann im Flugzeug
einfach nicht schlafen! Vor allem, wenn es so spannende Dinge wie
Gewitter, Leere oder die Straße von Gibraltar von oben zu sehen
gibt... Und hier in Brüssel (wo ich diesen Post gegen 6Uhr morgens
gerade verfasse), gibt es nur diese pennerunfreundlichen Bänke mit
festen Armlehnen. Also nutze ich die Zeit und fasse meinen letzten
Tage zusammen:
Die Lehrerfortbildung
und vor allem der letzte Tag waren noch mal richtig toll! Donnerstag
mussten wir noch ganz viel organisatorisches Zeug erledigen,
Zertifikate ausstellen, Evulationsbögen erstellen und Freitag waren
wir noch mal in Monrovia. Zu erst hat mir Wilfred das Nationalmuseum
gezeigt und nun ja, es war auf jeden Fall einen Besuch wert! Es war
zwar klein, dunkel, dreckig und die wenigen erklärenden Hinweise
waren mit Tesa teilweise direkt an die Ausstellungsstücke geklebt,
aber dafür waren die Exponate selbst sehr... interessant. Es gab
ganz viele traditionelle Masken der liberianischen Stämme, die diese
zur Identifikation benutzt haben und Tatsache: Die sahen wirklich
alle individuell aus! Dann gab es aber auch so banale Dinge wie den
linken Schuh irgendeines liberianischen Präsidenten und direkt
daneben die Gründungsurkunde Liberias. Besonders beeindruckend fande
ich eine Fotoausstellung zum Bürgerkrieg, die den ganzen Schrecken,
das ganze Leid aber auch die vielen Hilfsmaßnahmen und die
Solidarität in der Bevölkerung gezeigt haben.
Danach sind wir auf den
Großmarkt gefahren und auf dem Weg dorthin ist mir der erfreulich
unkomplizierte, um nicht gar zu sagen demokratische, Umgang mit der
StVO aufgefallen: Wenn auf der 4-spurigen Hauptstraße Stau in
Richtung Innenstadt ist, werden eben 3 Spuren stadteinwärts und nur
eine stadtauswärts genutzt – auch ein Vorteil von fehlender
Fahrbahnmarkierung. Der Markt selbst war eine Lawine von
Sinneseindrücken unterschiedlichster Art. Vom Fleisch- und
Fischmarkt (bei schwülen 30°C), über die Frucht- und Gewürzstände,
den bunten Stoffen und kitschigen Gebrauchsgegenständen aus buntem
Plastik, bis hin zu exotischen Gemüse und Süßkram, den ich ja
alles probieren musste. Wilfred hat mir dann auch eingeredet, dass
ich ne Koka-Nuss mit ihm essen muss und das war keine so gute Idee. Die
war schrecklich bitter und ich hatte den ganzen Tag Angst, dass ich
davon auf der Rückreise Durchfall bekomme – war aber nicht der
Fall!
Frisch eingedeckt mit
allerlei Mitbringsel, exotischem Essen und Souveniers, ging es wieder
zurück zu Wilfred, wo ich mich von der großen Familie (also allen
„brothers“ und „sisters“) verabschiedet habe und dann haben
mich Shirley, Prince und Wilfred zum Flughafen gebracht. Auf dem Weg
dorthin habe ich noch mal alle geografischen und klimatischen
Highlights Liberias erleben dürfen. Beim Abschied musste ich Wilfred
versprechen, dass wir uns bald wiedersehen, was mir nicht
sonderlich schwer gefallen ist, denn entweder werde ich ihn bald
wieder besuchen oder ihn mal nach Deutschland einladen.
Mein Eindruck vom
Flughafen war vor allem kalt! Aber auch in vielen anderen
offizielleren Gebäuden ist mir schon aufgefallen, dass die stark
unterklimatisiert sind. Wilfred meinte, dass das für die so eine Art
„First World“ Standard ist. Naja, dann sollten die sich lieber
ein gebührenfreies Bildungssystem als Standard setzen und nicht den
sowieso schon so spärlich vorhandenen Strom für sowas verschwenden.
Ansonsten gab es im Flughafen überteuerte Souvenirs und einen kurzen
Sprint durch den Starkregen zum Flugzeug.
Beim Abflug aus Ghana vor 2
Jahren habe ich – wie der geneigte Leser sicher noch weiß – über
die Lichter Accras philosophiert: bunt, verschiedenfarbig, chaotisch
aber doch einladend, sympathisch und wunderschön! Liberia bei Nacht
von oben ist einfach nur dunkel. Hier und da erkennt man ein Feuer
oder ein Motorradlicht, aber ansonsten ist es wirklich stockdunkel.
Als ich dann gerade im Landeanflug auf Brüssel diese ganze
hellbeleuchtete Metropolenregion gesehen habe, kam ich mir vor wie
bei einer Zeitreise in eine futuristische Zukunftsstadt. So doof das
klingen mag, aber diese ganzen gleichen, symmetrischen
Straßenbeleuchtungen, Industrieanlagen und Innenstädte hatten echt
was von Science Fiction.
Ach ja: Bei Brussels
Airline sind die Durchsagen erst auf Belgisch, dann Englisch und dann Französisch und ich verstehe die französischen Durchsagen fast am
besten. Das liegt entweder an meinen überragenden
Französischkenntnissen oder einfach am schrecklichen belgischen
Englisch... Durch dieses Spracherlebnis beflügelt wollte ich mir
gerade auf Französisch nen Tee bestellen, nur entweder hatten die
keinen Kräutertee, oder es gibt das Wort „the herbale“ nicht.
Ich habe dann die erstbeste Alternative genommen, die mir der Typ
angeboten hat und den Preis hat er mir dann auch auf Englisch
genannt... Dieser Tee war zwar der teuerste (3€ für 0,2l) und
schlechteste Tee, den ich jemals getrunken habe (außerdem habe ich
im Nachhinein festgestellt, dass es Lipton und damit Unilever
war...), aber ich habe ihn auf Französisch bestellt!
Ich sitze immer noch in
Brüssel, die Sonne ist mittlerweile aufgegangen und das Boarding für
den Flug nach Frankfurt beginnt gleich. Wenn ihr diesen Post lest,
bin ich in Heidelberg angekommen und hole wahrscheinlich gerade
Schlaf nach.
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