Donnerstag, 4. Oktober 2012

Viva Con Agua... nicht!


Durch meinen Aufenthalt in Ghana bin ich wohl wirklich verwöhnt und habe hier in den letzten Tagen erfahren, was es bedeutet in einem der ärmsten Länder der Welt zu wohnen. In Ghana hatte ich Strom, einen Kühlschrank, ein Internetcafe vor der Tür und das abgepackte Wasser konnte man problemlos trinken. Auf einen Kühlschrank kann man gut verzichten, zum Internetcafe muss man halt ein paar Minuten fahren und meine Vorbereitungen kann ich auch wunderbar bei Kerzenschein machen:
mein 'Arbeitsplatz'

Aber die Qualität des Trinkwassers ist ein wirkliches Problem... während die Wasserqualität in Ghana regelmäßig durch öffentliche Institutionen geprüft wird, sind die entsprechenden Gesundheitsbehörden in Liberia mit anderen Sachen beschäftigt. So kommt es, dass auch im abgepackten Wasser Keime und Bakterien sein können. Es gibt nur ein paar Wassersorten, die ihre Qualität unabhängig prüfen lassen und da zahlt man für eine 1,5l Flasche schon mal über $2.50! Bei Aldi kostet das Wasser nur ein Zehntel dessen und dabei ist unser durchschnittlicher Verdienst auch viel höher! Deshalb können sich die meisten Menschen natürlich auch kein geprüftes bzw. keimfreies Wasser kaufen und werden ständig krank. Wilfreds Bruder meint, dass mehr Wettbewerb auf dem Wassermarkt helfen würde und so ungerne ich für mehr Wettbewerb argumentiere, muss ich ihm wohl hier zustimmen, so lange die Regierung ihrer kontrollierenden Aufgabe nicht nachkommen kann.
Bei der Versorgung mit fließendem Wasser sieht es noch viel schlimmer aus, da es nur ein staatliches Unternehmen gibt, das dieses Vorhaben vorantreibt. Wilfreds Familie hat Glück, dass sie hier einen Brunnen mit Pumpe haben, der wenigstens die Versorgung mit Wasser zum Kochen, Waschen und Putzen sicherstellt.
Ich musste auch immer wieder an eine Stunde in der Grundschule denken, in der wir über den globalen Wasserverbrauche geredet haben. Ein Deutscher hat gut 100l am Tag verbraucht, eine Ami über 600l und die Leute in den Entwicklungsländern keine 10l am Tag. Ich habe mich schon damals gefragt, ob das die Menge Wasser ist, die die Leute verbrauchen, oder die Menge Wasser, die die Leute zur Verfügung haben. Damals hatte ich leider nicht nachgefragt, aber ich sehe hier selbst, dass das eng zusammen hängt: Wenn man nicht viel sauberes Wasser zur Verfügung hat, lernt man auch mit diesen Mengen auszukommen. Man kann bequem mit 3l Wasser duschen oder mit 5l seine Klamotten waschen und auf das Putzen von Autos kann man sowieso gut verzichten. Natürlich ist da noch nicht der sekundäre Wasserverbauch für Industrie und Landwirtschaft enthalten und an sauberem Trinkwasser mangelt es hier sowieso, aber es tut gut zu sehen, dass der Überfluss in unserer westlichen Industriegesellschaft nicht nötig ist und man auch mit weniger Ressourcen glücklich leben kann.

Dienstag haben wir vor allem versucht, einen Geldautomat zu finden und die Workshops geplant und vorbereitet. Mittwochmorgen waren wir im Internetcafe, aber die Verbindung war soooo langsam, dass ich in 30Minuten eine Mail verschicken und 3 von 22 Mails empfangen konnte – entsprechend auch kein neuer Post. Danach sind Shirly (Wilfreds Schwester) und ich an den Strand gefahren und es war wunderschön! Eine außführliche Beschreibung gibt es dann wann anders.
am Strand

Danach sind wir nach Hause, haben uns kurz ausgeruht und um 2:30 gab es den ersten Workshop. Auch hier wird es die nächsten Tage eine ausführliche Beschreibung geben, aber es waren über 30 hochmotivierte Lehrer da. Das einzige Problem; Ich war auf Mathe- und Physiklehrer eingestellt (für die hatten wir den Workshop auch angekündigt) und vor mir saßen Lehrer aller Fachrichtungen und Bildungsgrade und für alle Schulformen. Als Einstieg hatte ich ein Quiz bzw. mehrere Denksportaufgaben vorbereitet (wer schon mal bei mir ne Vorlesung oder Übung hatte, wird sich vielleicht erinnern...), an denen man super sieht, dass Mathe Teamsport ist, dass manche Aufgaben viel leichter sind, als man auf den ersten Blick denkt, dass das Lösen von mathematischen Problemen ein ganz natürlicher Vorgang ist und dass man manchmal unkonventionelle Wege gehen muss. Leider waren aber nur die wenigsten Lehrer in der Lage, diese Probleme zu lösen und wir mussten sie gemeinsam besprechen. Wir hatten dabei trotzdem viel Spaß und vor allem hat es mir gezeigt, wo sie noch Lücken haben: Überall! Der Rektor der einen Schule (Mathelehrer) wollte mir erklären, dass Diagonalen im Rechteck immer einen 45°-Winkel mit den Seiten einschließen, aber ich konnte ihn davon überzeugen, dass das nur für den Spezialfall des Quadrats gilt.
Heute werden wir deshalb mit ganz grundlegender Mathematik anfangen und uns dann zu Geometrie und trigonometrischen Funktionen vorarbeiten.

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