Freitag, 3. September 2010

Halbzeit

Der erste Monat ist um und somit ist auch die Haelfte meiner Zeit in Afrika vorbei. Hoechste Zeit fuer einen kleinen Rueckblick, eine Zusammenfassung und brisante Zusatzinformationen, die sonst noch nirgendwo Platz gefunden haben (z.B. das Wetter!).
Die Entwicklungshilfe hier im Fluechtlingslager war ja eigentlich erst fuer 4 Wochen geplant und die zweite Haelfte wollte ich dann durch ghana reisen. Weil die hier aber jede Hilfe dringend brauchen und ich ja auch an den Wochenenden das Land erkunden kann, habe ich meinen Aufenthalt als Freiwilliger bis zum Ende verlaengert.
An dieser Stelle sei dann auch mal Elisabeths Kollegen bei der Lufthansa gedankt, denn... Mein Visum war eigetnlich fuer 3 Monate gueltig, aber am Flughafen werden die dann doch nur fuer eine Aufenthaltsdauer von 60 Tagen gestempelt - warum auch immer. Waere ich nun also wie geplant mittags am 1. August angekommen und zaehlen wir bis zum Ende, dann waeren das 61 Tage. Um sein Visum zu verlaengern, muss man nach Accra zur Deutschen Botschaft, viel Geld zahlen und ganz viele buerokratie-quatsch-Formulare ausfuellen. Aber zum Glueck bin ich ja mit 10h Verspaetung am 2. August in Ghana angekommen und somit ist mein Visum genau bis zum 30. September gueltig. Danke Lufthansa!


Das Wetter: Wenn man an Afrika denkt, denkt man ja an brennende Sonne und viel zu heisse Tage! Zumindest dachte ich so, als ich mich auf den Weg nach Ghana gemacht habe. Die ersten Tage hat auch ab und zu mal die Sonne geschienen und es war so heiss, dass man nur mit Ventillator schlafen konnte. Aber seit gut 3 Wochen hat nur 2 Mal so richtig die Sonne geschienen. Ansonsten immer bewoelkt oder sogar Regen, was leider auch bedeutet, dass ich noch kein einziges Mal im Meer schwimmen war! Das schlimme am Regen ist nicht nur, dass es nass, matschig und rutschig ist, sondern auch dass es zum einen in meinem Zimmer einregnet und vor allem der Regen auf die Wellblechdaecher prasselt und das verdammt laut ist!

Wie ihr meinen bisherigen Blogeintraegen durch Ausschlussverfahren entnehmen konntet, bin ich hier der einzige Entwicklungshelfer. Es gab zwar einige andere am Anfang, aber die sind mittlerweile weg. Die Ghanaer und Fluechtlinge sind zwar alle sehr nett zu mir und man kann auch einiges mit ihnen unternehmen, aber es fehlen halt doch irgendwie Gleichgesinnte. Wenn man an den Strand will um sich zu sonnen und Meer und Palmen zu sehen, dann wundern sich die Leute hier einfach nur, warum man noch braeuner werden will und Palmen sehen die eh jeden Tag! Also ziehe ich dann doch oft alleine los und wenn man nicht gerade auf unfreundliche Polizisten trifft, erlebt man dabei auch viele tolle Dinge.

Aktuelle Hochrechnungen haben uebrigens ergeben, dass ich letzten Monat 100 verschiedene Tro Tros benutzt habe. Tro Tros sind diese Kleinbusse, die hier das gaengige Verkehrsmittel sind und das mag jetzt absolut belanglos klingen, aber da ich mir die Muehe gemacht habe, das zu ueberschlagen, wollte ich euch auch daran Teil haben lassen. Diese hohe Zahl laesst sich auch einfach damit erklaeren, dass ich z.B. zum naechsten Geldautomaten mehrmals umsteigen muss und man generell fuer jede noch so kurze Strecke ein Tro Tro benutzt. Der Rekord war uebrigens mit 22 Leuten in einem (ehemaligen) 9 Sitzer! Fragt mich nicht wie das ging, aber es waren auch einige Kinder an Bord.

Ich hatte ja auch schon mal das Essen bzw. das Brot angesprochen: Hier gibt es nur so Weissbrot, was die Englaender vor ein paarhundert Jahren mal mitgebracht haben. Die ersten Wochen ist es ja noch okay jeden Tag Weissbrot zum Fruehstueck zu Essen, aber nach einem Monat sehnt man sich dann doch nach nem guten deutschen Vollkornbrot. Auch wenn mein Lieblings-Fuellhorn-Vollkornbrot ca. 83 Mal teurer ist, als afrikanisches Weissbrot, so ist es doch auch mindestens 100 Mal besser! Also: geniesst euer Vollkornbrot!

Zu guter Letzt noch ein paar Worte zu den Projekten hier:
Die Schule macht Spass, ist aber auch anstrengend. Wenn man eine kleine Klasse hat und die halbwegs konzentriert sind, dann kann man viel mit denen machen. Aber wenn man eine grosse Klasse - am besten noch mit total unterschiedlichem Wissensstand - hat, dann ist es quasi unmoeglich da was sinnvolles zu unterrichten. Ausserdem geht es in der Schule sehr unorganisiert und chaotisch zu. Es gibt zwar einen Stundenplan und knapp 10 Lehrer, aber von den Lehrern ist maximal die Haelfte da und an den Stundenplan habe auch nur ich mich in den ersten Tagen gehalten... Dazu kommt, dass die Lehrer zwar koerperlich in der Schule sind, aber deshalb noch lange nicht unterrichten und ich dann an manchen Tagen der einzige bin, der sich um die Kinder kuemmert. Wir hatten dazu am Montag zwar ein Meeting und es hat sich seit dem auch ein wenig gebessert, aber wenn ich wieder weg bin, geht es wahrscheinlich genau so chaotisch weiter...
Ein weiteres Problem in der Schule ist das "Meldeverhalten" der Schueler: Am Anfang habe ich mich ja noch gefreut, dass sich so viele Schueler melden, nachdem man eine Frage stellt. Aber leider melden sich viele Schueler auch dann, wenn sie die Antwort nicht wissen oder nicht mal die Frage verstanden haben. Das ist zwar toll, um alle Schueler einzubeziehen, aber leider sehr anstrengend, weil man dann ja konsequent sein will und dem aufgerufenen Schueler dann erst noch mal die Frage stellt und dann einige Minuten auf die Antwort wartet. Auch in dem Zusammenhang sollte man das "An-die-Tafel-schreibe-Verhalten erwaehnen: Die Kinder sollen Matheaufgaben von der Tafel abschreiben und rechnen. Vor allem Multiplikation dauert lange und ich laufe waehrend dessen durch die Klasse. Wenn die ersten fertig sind, rufe ich halt jemanden auf, der seine richtigen Ergebnisse an die Tafel schreiben soll. Anstatt dann ihre Hefte mitzunehmen und die Ergebnisse abzuschreiben (was ich jedes Mal ausdruecklich sage), rechnen die das an der Tafel aufs neue... als ob die nicht glauben wollen, dass 6 mal 7 jedes Mal 42 ergibt! Ist ja ne schoene Rechenuebung, aber kostet viel Zeit!


Das naechste Projekt ist das "Mothers' Skill Training Center". Dazu habe ich noch gar nicht so viel gesagt, was hier kurz nachgeholt werden soll. Das ist auch eine Institution meiner Freiwilligenorganisation, wo alleinstehende Muetter (die meisten haben ihre Maenner waehrend dem Buergerkriegen in Liberia verloren und sind jetzt alleine mit mindestens 4 Kindern) die wichtigstens Grundlagen und Faehigkeiten lernen. Das ist vor allem Naehen und deren Produkte (Taschen, Kleider,...) werden dann im besten Fall irgendwo verkauft. Aber auf der anderen Seite lernen die Muetter da auch Lesen, Schreiben und Rechnen und hier komme ich ins Spiel. An zwei Nachmittagen die Woche unterrichte ich eine kleine Gruppe der Muetter und habe denen in den letzten Wochen die Zahlen bis 20 beigebracht und so Sachen wie groesser und kleiner als. Die Muetter sind mindestens genau so wissbegierig wie die Kinder, aber die Muetter lassen sich wenigstens nicht so schnell ablenken und mit denen kann man auch 2h am Stueck konzentriert arbeiten.
Eine andere tolle Sache bei den Muetter ist, dass wir jedes Mal zusammen beten und ich komme natuerlich jedes Mal in den Gebeten vor. Also von wegen "Danke, dass du uns diesen jungen Herren aus Deutschland geschickt hast" oder "Danke, dass du die besten Werke deiner Schoepfung mit uns teilst" oder "Danke fuer deine Gnade uns diese Hilfe zu senden". Also total krasse Sachen und ich komme mir dann immer so doof vor, will den Muettern aber auch nicht verraten, dass ich wohl eher nicht gottgewollt bin...


Das letzte grosse Projekt sind die Workshops fuer die Lehrer. Der erste Workshop war ein grosser Erfolg und wenn ich hier durchs Camp laufe, fragen mich jeden Tag mehrere Lehrer, wann denn der naechste Workshops ist. Nun ja, wir sind zur Zeit in der Planung fuer einen zweiten Workshop, aber davon werde ich mehr erzaehlen, wenn es denn so weit ist.



Es gibt noch ganz viele andere Dinge zu erzaehlen, aber ich will mir ja auch noch einige Sachen aufsparen, damit ich auch noch was zu erzaehlen habe, wenn ich wieder zurueck bin.

2 Kommentare:

  1. Hallo Tilman,

    vielen Dank für Deine interessanten Schilderungen, Bilder und Dein Engagement.

    Ich wünsche Dir noch eine lehr- und ereignisreiche, verbleibende Zeit.

    Grüße aus München
    Vetter Johannes

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  2. Hallo Johannes, freut mich von dir zu hoeren und dann auch noch Lob zu meinem Blog :-) Aber hat der Papa mal wieder meine Adresse verraten, oder hast du mich etwa gegooglet?
    Viele Gruesse, Tilman

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