Montag, 9. August 2010

Nun sag, wie hast du's mit der Religion?

Gestern war Sonntag und Tilman war in der Kirche! Oh ja!
Die Deutschen Freiwilligen haben mir geraten, einfach opportun zu sein und gar nicht erst eine Diskussion ueber Gott anzufangen. Zumindest in der ersten Woche habe ich diesen Rat befolgt und bin somit mit Wilfred in die Kirche gegangen.
Aber auch schon in der ersten Woche wurde ich mehrmals gefragt, ob ich an Gott glaube und welcher Religion ich angehoere. Irgendwie haben die noch nie was von Protestanten gehoert, also habe ich denen erstmal was ueber die boese katholische Kirche und ueber Martin Luther erzaehlt (was zum teufel heisst "Ablasshandel" auf englisch?!).

Aber die Kirche war wirklich eine seltsam Erfahrung: Der Pfarrer war eine begeisterungsfaehige Person, aber irgendwie hat er mir Angst gemacht: Er hatte zwar ein Mikrofon, hat aber trotzdem in selbiges geschrien! Ich habe nicht alles verstanden, weil er undeutlich geredet hat und ausserdem ist Gottesdienst hier sehr interaktiv, denn die Leute rufen die ganze Zeit "Amen" wenn der Pfarrer irgendwas Sinnvolles (?) gesagt hat. Aber die Themen, die ich verstanden habe, waren doch sehr fragwuerdig: Der Pfarrer hat die Leute die ganze Zeit vor dem Teufel gewarnt und ihnen gesagt, dass sie Gott gefaellig sein muessen, um in den Himmel zu kommen! Da fande ich Herr Lueninghoeners paulinische Rechtfertigungslehre schon menschenfreundlicher... Ausserdem sollten sie den mittelalterlichen "Zehnten" spenden und der Buergerkrieg in Liberia (weshalb die meisten Fluechtlinge hier sind) war Gottes strafe, weil die Leute nicht genug gebetet haben. Also wirklich alles sehr seltsam, aber die erste Woche wollte ich noch keine Diskussionen anfangen. Eigetnlich sind nur die englischen Coloniser schuld, weil die den Christlichen Galuben hier her gebracht haben und dies anscheinend ohne Ruecksicht auf die schon bestehende Kultur gemacht haben.

Aber abgesehen von dem Inhaltlichen war es wirklich lustig, weil die Stimmung ist viel besser, als in deutschen Kirchen: Man lacht, man singt, man tanzt und naja... man glaubt dem Pfarrer.

Deshalb moechte ich schliessen mit
SAPERE AUDE

2 Kommentare:

  1. ich finde es irgendwie "lustig", dass deine Schilderungen und Erlebnisse in so vielem meinen aus Burkina ähneln:

    Die Religionsdiskussion hatte ich auch angefangen... Am Ende kam dabei herum, dass die "Details" (so nannte es jemand!) der Religion nicht so wichtig seien. Für Jemanden in Europa vielleicht, weil er sich dort auch den Luxus erlauben kann, sich seine Religion einfach mal so auszusuchen, wie es ihm am ehsten entgegenkommt. Oder es sich eben auch zu leisten, zu behaupten, man glaube an gar keine höhere Macht. Ob nun Gott, Allah oder sonst wen.
    Aber hier würde das nicht gehen- denn irgendeine Hoffnung bräuchte man doch. Und die wolle sich keiner freiwillig nehmen lassen.

    Naja, dieses Hier-Dort-Denken hat mich etwas gestört, bzw. die Betonung davon. Aber dran könnte schon was sein: Religion als Ding, dass man sich irgendwie zurechtschneidert..


    ok, genug der halbtiefen Worte!
    Ich freue mich jedenfalls immmer über einen neuen Blogeintrag von dir und lese sie dann halb vergleichend, halb in Erinnerungen schwelgend :-)

    Viele Grüße

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  2. Freut mich ja, dass die Kommentarfunktion so rege und sinnvoll genutzt wird. Da kann sich Paulos Blog mal ne Scheibe von abschneiden!

    Ansonsten muss ich kurz bestaetigen, dass die Religion den Menschen hier Hoffnung gibt. Ich habe mit einigen gesprochen, die sagen dass der Buergerkrieg in Liberia (und damit ihre Flucht nach Ghana) gottgewollt ist und somit Ziel und Zweck hat.
    Das ist zwar kein angenehmes Gottesbild, aber es hilft den Menschen, ihren Alltag zu bewaeltigen.

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